Gerhard R. Walsken
Foto: Daniela Tobias

Zu den Emslandlagern

Das Emsland wurde ab dem Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933 mit einem System von Konzentrations-, und Justizstraflagern für politische sowie kriminelle Häftlinge überzogen – die politischen Gegner waren als erste kriminalisiert und eingesperrt worden. Ab Kriegsbeginn 1939 sperrten die Nazis auch Kriegsgefangene und Opfer der Militärjustiz dort ein. Insgesamt 15 Lager entstanden.

Zwei davon waren die Lager Esterwegen und Aschendorfermoor, in denen mein Vater Ernst Walsken als Opfer der politischen Justiz des Nazistaates einsaß und in denen er die vorliegenden Bilder schuf. Das Urteil lautete auf Hochverrat. Er hatte sich mit Freunden getroffen, über verbotene Bücher diskutiert, Flugblätter gegen die Kriegspropaganda und das Regime geschrieben und verteilt.

Esterwegen wurde im Juli 1933 für 2.000 sogenannte Schutzhäftlinge, also faktisch politische Gefangene, unter Justizverwaltung errichtet. Es war eines der offiziellen Konzentrationslager der „ersten Stunde“, in denen prominente politische Gefangene, zum Beispiel Karl von Ossietzki, ohne Gerichtsurteil festgesetzt und malträtiert wurden. Die Häftlinge mussten stundenlang Appell stehen, erhielten zu wenig Nahrung, mussten im Moor Torf stechen. Sie wurden bei geringsten Vergehen gegen die drakonische Lagerordnung zum Überspringen der Gräben bis zum Zusammenbruch (und darüber hinaus) gezwungen, in Isolationshaft gesteckt, mit erniedrigender harter Arbeit und schwerer Prügel bestraft, sie waren ständig mit dem Tod bedroht.

Ab 1934 wurde die Lagerleitung der SS unterstellt und das Lager in das offizielle KZ-System integriert. Am 18. Januar 1937 wurde es an die Nazijustiz übergeben. Es wurde wieder ein Justizstraflager, in dem gleichwohl KZ-artige Verhältnisse herrschten – dies gilt für alle Emslandlager in gleichem Maß – da der preußische Innenminister Göring SS-Leute für die justizielle Bewachung der Eingesperrten rekrutiert hatte.

Aschendorfermoor, erbaut im März 1935 als Justizgefangenenlager, diente ab Juli 1937 als zentrales Lager für die politischen Gefangenen im Emsland. Insgesamt wurden hier 2.205 Häftlinge zusammengezogen.

Die Lager in Emsland sollten nach der offiziellen Propaganda der Nazis zwei Zwecken dienen: Urbarmachung der Moore, Erschließung von Siedlungsland und, auf nationaler Ebene, Förderung der Autarkie, d.h. der agrarischen Unabhängigkeit des „Dritten Reiches“. Die politische Funktion des Lagersystems aber war die Einsperrung und Isolation der politischen Gegner als gewöhnliche Strafgefangene, zusammen mit kriminellen Gefangenen, ihre Einschüchterung und Folterung durch Arbeit, Gewalt und Hunger. Genauso richtete sich der systematische Lagerterror der nationalsozialistischen Diktatur gegen ethnische, religiöse und sexuelle Minderheiten. Im übrigen wollte man die übrigen Gegner der Naziherrschaft einschüchtern und ängstigen.

Wenngleich die Lager keine Vernichtungslager im engeren Sinne waren, so kamen doch Häftlinge sowohl in den Lagern als auch an den Folgen der Lagerhaft zu Tode. Mein Vater war nach der Entlassung bis zu seinem Lebensende schwer krank.

 

Gerhard R. Walsken